Antikörpertiterbestimmung Katzenseuche

 

Das Immunsystem gesunder Lebewesen reagiert auf die Bedrohung durch das Eindringen von Viren, Bakterien und vielem mehr unter anderem mit der Bildung von Antikörpern zur Abwehr dieser Fremdkörper. Diese Antikörper sind speziell auf die Bedrohung zugeschnitten.

 

Anhand dieser Einzigartigkeit der Antikörper kann man also feststellen, mit welchen Viren, Bakterien usw. sich ein Körper zurzeit auseinandersetzt oder schon auseinandergesetzt hat. Die gilt auch für das feline Parvovirus, dem Erreger der Katzenseuche.

 

Der labortechnische Nachweis der Antikörper erfolgt anhand einer Blutprobe (1 ml), die der Tierarzt entnimmt und zur Untersuchung an ein Labor/Institut seines Vertrauens eingeschickt. Als Ergebnis erhält man den so genannten Titer. Der Titer ist das Maß für die Konzentration eines Antikörpers, der durch die fortlaufende Verdünnung einer Probe ermittelt wird. Die weitestgehende Verdünnung, bei der noch eine Reaktion nachweisbar ist, wird als Titer angegeben.  In der Regel in Zweierstufen verdünnt, d.h. Verdünnungen von 1:2, 1:4, 1:8, 1:16, 1:32 usw. hergestellt. Die Verdünnungen gibt man dann z. B. auf Zellkulturen, die dann mit einem Virus infiziert werden. Die höchste Verdünnungsstufe, bei der noch eine Infektion der Zellen vollständig verhindert wird (also noch ausreichend Antikörper vorhanden sind), wird als Titer angegeben. Ein Titer von 1:1024 gibt also eine höhere Konzentration an als 1:128, da trotz höherer Verdünnung noch eine positive Reaktion des Tests festzustellen war.

 

Da es unterschiedliche Messmethoden/Verfahren gibt, die zum Teil zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, ist es wichtig, dass bei einer Verlaufsuntersuchung darauf geachtet wird, dass immer das gleiche Institut/Labor die Untersuchungen durchführt.

 

Im Zusammenhang mit dem felinen Parvovirus bzw. der Impfung gegen Katzenseuche ergeben sich folgende Einsatzmöglichkeiten der Antikörpertiterbestimmung:

 

1.- Im Verdacht einer Infektion

 

Eine Antikörpertiterbestimmung ist in diesem Fall wenig sinnvoll, da bei einer einmaligen Bestimmung gewährleistet sein muss, dass die Katze nicht geimpft ist und nachweislich in der Vergangenheit keinen Kontakt zum Parvovirus hatte. Ein Untersuchungspaar im Abstand von einigen Tagen um die Entwicklung des Antikörpertiters (AT) zu dokumentieren verbietet sich aufgrund der Gefährlichkeit dieser Krankheit. Ein Kot-Schnelltest schafft da schneller eine Gewissheit!

 

2.- Zur Bestimmung des Impfzeitpunkts bei Erstimpfungen von Kitten

 

Kitten nehmen in geringem Maße über die Plazenta, in der Hauptsache aber über die Kolestralmilch schon Antikörper auf. Um die Kitten möglichst gut zu schützen und ihnen reichlich MAK zur Verfügung zu stellen, wird empfohlen, die Katze vor dem Belegen mit einer Parvo-Impfung zu boostern. Die maternalen (= mütterlichen) Antikörper (MAK) können aber das Ergebnis der Impfung der Kitten beeinflussen. Bis zu einem Titer von 1:80 könne sie eine Impfung unwirksam machen oder die Wirkung extrem abschwächen. Um den MAK-Titer der Kitten zu bestimmen, werden in der Literatur zwei Methoden angegeben.

 

2a.- Bestimmung des MAK-Titers über den Antikörpertiter der Mutter

Anhand des AT der Mutter lässt sich in etwa einschätzen, welche Menge an maternalen Antikörpern (MAK) die Kitten von der Mutter aufnehmen. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass es keinen großen Zusammenhang zwischen dem Titer der Mutter und dem Titer der ungeimpften Kitten gibt. Obwohl diese Methode mit der Berechnungsformel

[4,5 x (q – 1,0) = Alter des Impflings in Wochen (q = Logarithmus des gemessenen Antikörpertiters der Kätzin)] in der Literatur zu finden ist, haben Untersuchungen gezeigt, dass sie doch relativ ungenau ist.

 

2b.- Bestimmung des MAK-Titers über das Blut der Kitten

Wie schon erwähnt, erfolgt die Aufnahme der MAK in geringem Maße über die Plazenta, in der Hauptsache aber über die Kolestralmilch. Die Verringerung dieses Titers geschieht über den Abbau der MAK sowie über das Wachstum der Kitten. Untersuchungen beim Hund haben ergeben, dass im Durchschnitt alle 9,5 Tage der MAK-Titer um eine Stufe fällt. In Ermangelung von vergleichbaren Ergebnissen für Katzen wird dieser Wert auch bei ihnen zugrunde gelegt.

Folgende Möglichkeiten gibt es:

·      entweder man bestimmt den MAK-Titer bei jedem Kitten und erhält dann ein individuelles Impfschema für jedes Kitten.

·      oder aber man testet ein oder zwei Kitten aus dem Wurf. Diese Methode empfiehlt sich aber nur, wenn der Wurf von seiner Entwicklung her relativ homogen ist.

 

3.- Zur Bestimmung der Wirksamkeit einer Impfung

 

Wie hoch sollte der Antikörpertiter (AT) sein, damit man im Normalfall davon ausgehen kann, dass die Katze einen Schutz gegen Parvo hat?

Über  die Höhe dieses sogenannten „protektiven Titers“ streiten sich die Gelehrten!

 

Zum einen findet man in der Literatur den Wert von 1:80, der auch von einigen Instituten angegeben wird.  So hat das Paul-Ehrlich-Institut uns gegenüber folgende Angabe zu Titerhöhen gemacht:

Ein niedriger Antikörpertiter, gemessen im sog. Hämagglutinationshemmungstest (HAH) ist 1:16 oder gemessen im Virusneutralisationstest (VN) 1:20, schützende Titer sind im HAH ab 1:80 zu erwarten, im VN ab 1:40. Als hohe Impfantikörpertiter sind im HAH Titer zu bewerten, die größer oder gleich (>=) 1:256 sind, im VN Titer von > 1:160. Antikörpertiter, die infolge einer Infektion erworben werden, sind i.d.R. deutlich höher. Diese Werte sind

allerdings als Orientierungshilfen zu sehen und keine absoluten Angaben, da bislang kein standardisiertes, laborübergreifendes Prüfverfahren für die Bestimmung von Antikörpern gegen Parvoviren festgelegt wurde. Eine Standardmethode mit festgeschriebenen Verfahren gibt es nur für die Bestimmung von Tollwutantikörpertitern.

Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass das Immunsystem nicht nur aus den Antikörpern sondern auch aus den Memory-Zellen besteht, sodass jede Reaktion auf eine Impfung, unabhängig von der Höhe des Titers, zu einem Schutz führt.

 

In ihrer Studie bei Hundewelpen sind Friedrich und Truyen nicht von der absoluten Titerhöhe ausgegangen, sondern haben den Titer vor und nach der Impfung bestimmt. Sie haben den protektiven Titer wie folgt definiert: 

Ein Antikörpertiter wurde dann als protektiv angesehen, wenn er - unabhängig von der absoluten Höhe - zwei Titerstufen (Faktor 4) über dem Titer der vorhergehenden Blutprobe lag.

 

Die Titerbestimmung nach einer Impfung sollte, unabhängig vom Impfstoff,  zwei bis drei Wochen nach der Impfung durchgeführt werden.

 

Wirksamkeit von Impfungen

 

Zur Wirksamkeit von Impfungen möchten wir die Seite der Firma Intervet

http://www.intervet.de/News/Fokusthemen/Impfempfehlungen_Hund_Katze/Wirksamkeit.asp#

zitieren:

 

Wie überall in der Biologie gibt es auch bei der Wirksamkeit von Impfungen nie einen 100-prozentigen Schutz (Horzinek und Truyen 2006). Bei der Immunisierung einer bisher ungeimpften Population kann je nach Antigen mit einem Impfschutz von etwa 70-80 Prozent gerechnet werden. Dennoch vermag ein starker Infektionsdruck die Immunität bei 20-40 Prozent der Tiere zu durchbrechen.

 

In Extremfällen kann die Erfolgsquote einer Impfung sogar unter die 50 Prozentmarke fallen. Auch das Vorhandensein von so genannten Nicht-Reagenten kann den Impferfolg in einer Population verringern. Dabei handelt es sich um Tiere, die nicht oder nur unzureichend auf eine Impfung ansprechen. Durch Wiederholungsimpfungen wird  der Prozentsatz solcher Nicht-Reagenten verringert.

 

Von einem tatsächlich 100-prozentigen Infektionsschutzschutz des Impflings kann in praxi jedoch schon deswegen nicht ausgegangen werden (Moos 2006, Suter und Hartmann 2006), weil verschiedene Faktoren die Immunantwort des Tieres vermindern können. Dazu gehören angeborene oder erworbene Immundefizienzen, schlechter Gesundheitszustand, immunsuppressive Medikamente, Interferenz der maternalen Antikörper sowie individueller Stress (Ettinger and Feldman 2005).